Weniger Mandel-OPs – häufigere schwere Infekte???


In England wurde aus rein wirtschaftlichen Gründen eine drastische Reduktion der Mandel-OPs seit Ende der 1990er-Jahre angeordnet. Seither steigt die Zahl der Klinikeinweisungen wegen akuter Mandelentzündungen und die Raten der Streptokokkeninfekte drastisch!

Während im Zeitraum 1990/1991 noch über 28.300 Mandel-OPs in England vorgenommen wurden, waren es 2013/2014 nur noch ca. 6.300 Eingriffe. Dies entspricht einer Reduktion um ca. 78%! Im gleichen Zeitraum stieg die Zahl der Klinikeinweisungen wegen akuter Mandel- und Rachenbeschwerden um bis zu Faktor 6,85 (bei den über 15-Jährigen!!!)

[Banigo A et al. Have reducing tonsillectomy rates in England led to increasing incidence of invasive Group A Streptococcus infections in children? Clin Otolaryngol 2018]

Parallel dazu findet sich in der gleichen Zeitschrift [ HNO-Nahrichten 2018;48 (3)] eine Zusammenfassung des aktuellen Krankenhausreports der AOK, die laut Gesundheitsökonom Prof. Reinhard Busse scheinbar bis zu 500 kleinere Krankenhäusern für unnötig/unwirtschaftlich hält – “Statistisch gesehen könnten 500 Krankenhäuser im Land dicht gemacht werden”. Der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes Martin Litsch hält eine Reduktion aller kleinen Krankenhäuser unter 500 Betten für einen”deutlichen Schritt”. Während Frau Dr. K. Kappert-Gonther, Sprecherin für Gesundheitsförderung der Grünen, versucht diese Zahlen mit folgender Argumentation zu beschönigen: “Eine Zentralisierung sei sinnvoll, um die medizinische Expertise zu steigern”.

[Anno Fricke, HNO-Nachrichten]

Liebe Patientinnen und Patienten, ich denke ein gesunder Menschenverstand wäre sinnvoller als ein nur auf Wirtschaftlichkeit basierender Ansatz. Was wäre, wenn sämtliche kleineren Krankenhäuser “auf dem Land” wegfielen und die Versorgung weiter zentralisiert würde??? Das Krankenhaus St. Josef mit 260 Betten (Quelle: Qualitätsbericht 2015, S.10) würde in einem solchen Szenario einfach geschlossen!!! 

Ich halte das in Zeiten der massiven Überschüsse der GKVen nicht für fair! Gleichzeitig sehen wir, was durch rein wirtschaftliches Denken in England passiert ist. Billiger war das bestimmt nicht!